Algen – Einzeller mit Energiepotenzial

Bei Biomasse nur an Hackschnitzel, Mais und Gülle zu denken, verkennt die wahre Vielfalt biogener Energieträger. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit rücken zunehmend Algen in den Fokus der Wissenschaft. Wie sie genutzt werden können, um beispielsweise Wärme zu produzieren, zeigt ein Gebäudekonzept im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Die Außenwand des Hauses schimmert grün. Verantwortlich dafür sind Fassadenelemente voller Algen, die erstmals in Deutschland zum Einsatz kommen.

Martin Kerner, der das Algenkonzept mitentwickelt hat, erklärt: „Der Wirkungsgrad solcher Bioreaktorfassaden ist vergleichbar mit Solarsystemen wie Photovoltaik und Solarthermie.“ Die Sonnenenergie, die auf die Algen trifft, wird von den Einzellern zu 38 Prozent in Wärme und zu zehn Prozent in weitere Biomasse umgewandelt. Mit der Wärme wird das Haus im Winter versorgt. „Im Sommer wird sie gespeichert“, so Keller. Die Biomasse geht an Forschungspartner.

Denn es ist nicht nur Energie, die aus der grünen Masse gewonnen wird. Algen sind ein idealer Grundstoff für weitere Produkte. Angefangen bei Kraftstoffen, die inzwischen auch im Flugverkehr getestet werden, über Baumaterial bis hin zu Pharma- und Kosmetikartikeln. Aus den Einzellern lassen sich Kohlenhydrate und Vitamine gewinnen, ebenso hochwertige Fettsäuren wie Omega-3. Alles, was dafür nötig ist, sind Sonne, Wasser und Kohlendioxid. Das ist einer der Gründe, warum Algenfarmen in der Nähe von Kohlekraftwerken angesiedelt werden.

Die Einzeller schlucken sowohl das Kohlendioxid als auch Schwermetalle. Das macht sie zu kleinen Reinigungskräften. Diese Prozesse lassen sich gezielt über den Lichteinfall steuern. Die kommerzielle Nutzung hält sich allerdings in Grenzen. Dafür sind die Investitions- und Betriebskosten noch zu hoch. Auf der anderen Seite spricht der hohe Brennwert von bis zu 30 Megajoule für Mikroalgen. Sie haben damit mehr Potenzial als Braunkohlebriketts und bieten zudem einen deutlich höheren Ertrag – 20.000 Liter pro Hektar – als Rapsöl. Das zu nutzen erfordert jedoch noch viel Arbeit.

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